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Punksplitter

1982: Urlaub mit Hindernissen

Gelas Erinnerungen (12)

von

An einem Samstag ging es los in den Urlaub nach Italien. Ich hatte Mühe, Kirsten am Morgen aus dem Bett zu befördern. Sie hatte in der Nacht zwei Schlaftabletten geschluckt und wurde einfach nicht wach. Als ich es dann endlich geschafft hatte, erschienen wir dennoch mit einiger Hektik pünktlich um 11.00 Uhr bei der Frau, die uns nach Italien mitnehmen wollte. Die Fahrt verlief dann ruhig.

 

Am Abend zelteten wir in Österreich und fuhren am Morgen weiter. An der italienischen Grenze bemerkte Kirsten, daß sie ihren Paß auf dem Zeltplatz vergessen hatte. Wir kamen aber trotzdem über die Grenze, weil unsere Fahrerin den italienischen Grenzer völlig mit Worten einlullte, sodaß er nicht auf die Idee kam, die Pässe zu kontrollieren.

In Bologna trennten wir uns von der Frau und fuhren mit dem Zug weiter nach La Spezia. Um Mitternacht trafen wir dort ein und warteten in einer Hafenspelunke auf einen Zug nach Monte Rosso. Dabei wurden wir mindestens hundertmal blöde angemacht. Als wir endlich in Monte Rosso ankamen war es schon hell und wir beide ganz fertig mit den Nerven und kaputt vom Rucksack schleppen - wir hatten zu viel Zeugs! Als Kirsten dann auch noch über die Felsen zum Zeltplatz klettern wollte, streikte ich. Wir stritten nun so fürchterlich, daß wir beinahe sofort wieder nach Hause gefahren wären.

Aber erst einmal wollten wir am Strand eine Stunde schlafen. Drei Stunden später wurden wir von Carabinieri geweckt. Die waren in voller Montur, mit Paradeuniform und Säbel. Kirsten hatte keinen Paß und durfte sich wieder hinlegen, wogegen alle, die einen Paß vorzeigen konnten, mitgenommen wurden.

Wir wurden durchsucht, registriert und des Ortes verwiesen. Wir (neben Kirsten und mir noch zwei Bayern) blieben aber dennoch und suchten uns eine schwer zugängliche, kleine Halbinsel als Zeltplatz aus. Dort würden wir Ruhe vor den Carabinieri haben. Allerdings hieß das morgens zehn Minuten Aufstieg und abends zehn Minuten Abstieg.

Am Dienstag fuhren wir zwei nach La Spezia, um noch zwei andere Frauen aus Hannover zu treffen. Da wir aber dachten, es wäre besser, sie gleich vom Bahnhof abzuholen, statt an der verabredeten Stelle zu warten, verpaßten wir sie. Die nächsten drei Tage verbrachten wir ruhig am Strand, wo wir abends Wein tranken und die anderen Strandbewohner kennenlernten.

Samstag fuhren Kirsten und ich erneut nach La Spezia, Stadtluft atmen. Wir hatten da doch tatsächlich, zwischen all den Poppern und Heinzen, drei italienische Punks ausgemacht. Nachdem wir ihnen dreimal über den Weg gelaufen waren, fing endlich jemand an zu reden. Es stellte sich dann raus, daß sie weder Englisch noch Deutsch konnten und wir weder Italienisch noch Französisch. So blieb es nur bei blödem Gegrinse auf beiden Seiten. Ich ärgerte mich dann doch, weil ich gern wissen wollte, was bei denen so lief. Schließlich hatte ich selbst zu spüren bekommen, das man als Punk in Italien noch schlimmer angemacht wurde als in Deutschland. Einmal umringten uns urplötzlich zig Idioten, grölten »Papagallo«, »Rossa«, »Kikeriki« und lachen sich halb tot, ohne daß es ein Ende finden wollte. Kein angenehmes Gefühl. Am Abend saßen wir in Monte Rosso mit Hippies vor der Midi Bar und schnorrten Leute an. Wir tranken zwei 'Heineken' und schauten dem auf- und abziehendem Gewitter zu.

Am Sonntag überlegten Kirsten und ich, ob wir früher als geplant nach Hannover zurück fahren und deshalb noch mal ordentlich was essen sollten. Wir aßen die ganzen Tage nur wenig, weil wir kaum Geld hatten (ein Panino und eine kleine kalte Pizza pro Tag = 2 Kilo leichter). Am Abend tranken und kifften wir dann mit den Hippies. Ich wußte am nächsten Morgen nicht mehr, wie ich ins Zelt gekommen war. Wir verbrachten den Tag mit Sonnen und Haare schneiden. Ich hatte danach einen Irokesen. Wir gingen früh schlafen.

Am Dienstag wollten wir auch nicht viel Aktion machen. Nachdem die Sonne weg war, bauten wir unser Zelt ab und zogen mit unseren Klamotten wieder an den Strand. Kirsten bekam dann Lust auf Vino, und wir kauften eine riesige Flasche für wenig Geld. Als sie leer war legten wir uns betrunken schlafen.

Am Mittwoch brachen wir gen Heimat auf, und mir war fürchterlich übel. Ich steckte dann so lange den Finger in den Hals, bis ich kotzen konnte. Mittags waren wir mit dem Zug unterwegs nach Milano. Ich hatte immer noch schlimme Magenkrämpfe und Durchfall. Die Zugfahrt verbrachte ich total weggetreten. In Milano meldete Kirsten ihren Ausweis bei der Polizia als verloren. Nachdem wir unser letztes Geld zusammengesucht hatten, kauften wir uns je eine Fahrkarte in die Schweiz. Wir wollten bis eine Station hinter Lugano bezahlen und dann schwarz fahren, egal, mal sehen was passiert. Als wir durch Lugano durch waren, stellten wir uns schlafend, was nicht schwer war. So kamen wir bis Luzern. Meinen Paß nahm mir dann so ein Fahrkartenknipser weg und wir mußten mit in den Bahnhof zu den Bullen.

So gegen Mitternacht bekam ich dann meinen Paß wieder, und wir standen an der Autobahn Richtung Basel. Von nun an hatten wir Glück. Nach zehn Minuten hielt ein Typ an, der uns über die deutsche Grenze bis kurz vor Karlsruhe mitnahm. Da kratzten wir unser allerletztes Geld zusammen und aßen etwas in einer Raststätte. Mir ging es auch wieder richtig gut, und wir wollten gleich weiter trampen. Es hielt keiner an.

Irgendwann wurde es hell und uns überkam die Müdigkeit. Wir legten uns auf den Grünstreifen zum Schlafen. Nach einer Stunde war ich wieder hellwach und hielt ein Auto an, das uns bis Köln mitnahm. Der Typ fuhr wie ein Henker, hinterher waren wir mit den Nerven fertig. Auf der Autobahn war der Teufel los, aus dem Süden der BRD waren ohne Ende Friedensdemonstranten unterwegs nach Bonn, und wir mit dem Kerl dazwischen.

In Köln nahm uns ein netter Opi mit einer Luxuslimosine mit und fuhr glatt über Hannover hinaus bis nach Osnabrück, da er angeblich zwischendurch nicht halten durfte. Dort standen wir dann noch geschlagene eineinhalb Stunden in der Nachmittagshitze und konnten uns von den Dorfdeppen anmachen lassen. Bis endlich ein nettes Mädel in einem netten Mercedes kam und uns direkt nach Hannover zum Hauptbahnhof fuhr.

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